nach unten
 

Menschenrechtsbericht Tibet 2003

II

Schluß

Nach Auffassung des TCHRD ist die chinesische Menschenrechtsdiplomatie – Unterzeichnung von immer mehr Menschenrechtsverträgen bei gleichzeitiger Verweigerung der Menschenrechte für die eigenen Bürger –Teil einer groß angelegten Strategie. Die von Peking ausgesprochenen Einladungen an Staatsoberhäupter in aller Welt und internationale Beobachter, sowie die neue Bereitschaft zur Abhaltung internationaler Konferenzen - von geschäftlichen Treffen bis zu Schönheitswettbewerben - sind höchstens Metapher von Offenheit und größerer Transparenz. In Wirklichkeit zeitigen sie jedoch keinen Fortschritt bei dem Umgang mit den Menschenrechten.

Das TCHRD verurteilt diese Politik der Täuschung, die China so emsig betreibt, um die brutale Realität der Menschenrechtslage des Volkes zu verschleiern. Allem Wandel und einigen zähen Reformen zum Trotz herrscht in China immer noch ein autoritäres Regime, das kaum etwas getan hat, um einen echten demokratischen Prozeß in Gang zu setzen und seiner Bevölkerung mehr bürgerliche und politische Rechte zu geben.

Die Verschleierung der SARS-Epidemie zu Anfang des Jahres beweist deutlich, daß in China immer noch ein repressives System an der Macht ist, das seit über 50 Jahren mit zwingender Logik auf Lug und Trug baut. Man wird dadurch auch an die frostige Realität der Zensur unter dem kommunistischen Regime erinnert, und damit einhergehend an die Unabdingbarkeit eines freien Informationsflusses zur Förderung von Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und den Menschenrechten.

Heutzutage, wo China so begierig den Anschluß an die übrige Welt sucht, eine Unmenge neuer politischer Kontakte knüpft, eine immer aktivere Rolle in der internationalen Arena zu spielen sucht, seinen Einfluß beständig ausweitet und seine Diplomatie verfeinert - alles mit dem Ziel, eine führende Weltmacht zu werden -, muß sich die freie Welt vergegenwärtigen, daß sie die Verantwortung hat, China zur Achtung der Menschenrechte seiner eigenen Bevölkerung, der Tibeter und aller anderen Menschen auf seinem Staatsgebiet zu mahnen. Die Chinesen mögen smarter und kultivierter geworden sein – freundlicher oder sanftmütiger sind sie deswegen nicht geworden.

Das TCHRD ist der Überzeugung, daß die VR China so lange, als dieser Staat einen so gewaltigen Defizit an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Respekt für die Menschenrechte aufweist, nicht von echter Entwicklung sprechen darf.

 

Empfehlungen

An die Regierung der VR China

Bürgerliche und politische Rechte

  • Den am 5. Oktober 1998 unterzeichneten Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ratifizieren;
  • Die einschlägigen Sonderberichterstatter der UN-Menschenrechtskommission, offizielle Beobachterteams, sowie Journalisten und NGOs einladen und ihnen ohne ständige Überwachung freien Zugang zu Personen und Örtlichkeiten ihrer Wahl gewähren;
  • Tulku Tenzin Delek umgehend und bedingungslos freilassen;
  • Gedhun Choekyi Nyima, den XI. Panchen Lama Tibets, dessen Aufenthaltsort seit Mai 1995 unbekannt ist, unverzüglich auf freien Fuß setzen und ihn ein freies Leben führen lassen;
  • Alle in Gefängnissen und Zwangsarbeitslagern inhaftierten tibetischen Gewissensgefangenen freilassen;
  • Das Justizsystem verbessern, den Geltungsbereich des Begriffs „Staatsgeheimnisse“ im CPL, welcher zur Strafverfolgung unschuldiger Menschen herangezogen wird, klarstellen;
  • Freie und faire Prozesse für alle aus politischen, religiösen oder anderen Gründen angeklagten Personen sicherstellen;
  • Tibetern, die außer Landes reisen wollen, Freizügigkeit, sowie die Möglichkeit, jederzeit ohne Furcht vor Schikanen oder Inhaftierung in ihr Heimatland zurückzukehren, gewähren;
  • Dem tibetischen Volk das Recht auf Religionsfreiheit und freie Religionsausübung gewähren; die Kampagne zur Aufzwingung des Atheismus in Tibet einstellen; die gegen das tibetische Volk gerichtete Anti-Dalai-Lama-Kampagne beenden; dem System der Beschränkung der Anzahl von Mönchen und Nonnen und ihrer Zulassung zu den Klöstern ein Ende setzen.
  • Die Beschneidung des Rechtes auf Informations- und Redefreiheit aufheben und uneingeschränkten Zugang zu Radio- und Fernsehsendungen sowie zur Nutzung des Internets gewähren.

 

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

  • Endlich den bereits am 30. Juni 2002 fällig gewordenen anfänglichen Bericht an das UN-Komitee über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vorlegen;
  • Nach der Ratifizierung des Internationalen Abkommens über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) nun auch das Recht der Tibeter auf Selbstbestimmung zur Wahrung ihrer Kultur und Identität respektieren;
  • Bei allen Entwicklungsprojekten in Tibet das tibetische Volk miteinbeziehen und ihm aktive Beteiligung gewähren; China sollte endlich bei allen in Tibet zur Ausführung gebrachten Entwicklungsprojekten den Willen der Tibeter respektieren;
  • Die Empfehlungen der UN-Sonderberichterstatterin für Bildung, Katarina Tomasevski, umsetzen - also die volle Integration der Menschen- und Minderheitenrechte im Bildungs- und Justizwesen und in der Rechtspraxis, sowie die Schaffung eines einheitlichen rechtlichen Regelwerks, das Kindern das Recht auf Zugang zu freier und allgemeiner schulischer Bildung garantiert.

 

An Internationale Vereinigungen und Regierungen

  • Bei sämtlichen künftigen Gesprächen mit der chinesischen Regierung die Menschenrechtsfrage zu einer zwingenden Vorbedingung machen;
  • Konkrete Resultate bezüglich der Einhaltung der Menschenrechtsverträge und der gegenüber der UNO und der WTO eingegangenen Verpflichtungen von China fordern;
  • Die chinesische Regierung zur bedingungslosen Freilassung von Tulku Tenzin Delek, von Gedhun Choekyi Nyima, dem XI. Panchen Lama von Tibet, und aller in Gefängnissen und Zwangsarbeitslagern inhaftierten Gewissensgefangenen auffordern;
  • China zur Erfüllung aller mit der UNO abgeschlossenen Verträge und Einhaltung seiner Verpflichtungen gegenüber der WTO auffordern;
  • Verlangen, daß China den Tibetern Bewegungsfreiheit innerhalb und außerhalb von Tibet gewährt und ihnen die Rückkehr in ihre Heimat erlaubt, ohne daß sie Verfolgung oder Inhaftierung befürchten müssen;
  • Verlangen, daß China die Anwendung extremer Folter bei Gefangenen und Untersuchungshäftlingen, mit dem Zweck Geständnisse von ihnen zu erpressen, einstellt;
  • China zur Aufnahme eines fruchtbringenden Dialogs mit den Repräsentanten des tibetischen Volkes bewegen.

 

An multinationale Firmen und Konzerne

  • Arbeiten Sie ernsthaft mit den Tibetern zusammen und sorgen Sie für ihre Beteiligung in allen Stadien der Entwicklungsprojekte; lassen Sie den ortsansässigen Tibeter bei allen Aktivitäten Ihre Unterstützung zukommen;
  • Führen Sie umfassende soziale und Umweltstudien durch und erstellen Sie Gutachten über die zu erwartende Auswirkung der Projekte;
  • Vergewissern Sie sich, ob sinnvolle Umweltschutzmaßnahmen getroffen wurden;
  • Legen Sie nachhaltige Entwicklungsinitiativen vor, die den Menschen vor Ort tatsächlichen Nutzen bringen;
  • Vergessen Sie letztendlich nicht, daß bei jedem Projekt die Gefühle der Tibeter respektiert werden müssen.

 

Maßgebliche Zusammenfassung

 

Bürgerliche Freiheiten

China hat das Internationale Abkommen über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) im Oktober 1998 zwar unterzeichnet, jedoch noch nicht ratifiziert. Aus der Präambel des ICCPR:

„In der Erkenntnis, daß nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte das Ideal vom freien Menschen, der bürgerliche und politische Freiheit genießt und frei von Furcht und Not lebt, nur verwirklicht werden kann, wenn Verhältnisse geschaffen werden, in denen jeder seine bürgerlichen und politischen Rechte ebenso wie seine wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte genießen kann...

In der Erwägung, daß die Charta der Vereinten Nationen die Staaten verpflichtet, die allgemeine und wirksame Achtung der Rechte und Freiheiten des Menschen zu fördern....“

Die Tibeter sehen sich weiterhin in der Ausübung ihrer Grundrechte und Freiheiten extrem eingeschränkt. Der Rückgang bei der Anzahl an Verhaftungen ist indes kein Indikator für eine Verbesserung der Lage. Die Behörden gehen weiterhin gezielt gegen religiöse Institutionen und Würdenträger vor, indem sie sie „spalterischer Aktivitäten“ bezichtigten. Mehrere Personen wurden wegen angeblicher Verbrechen, für die es keinerlei Beweis gab, gefangen gesetzt. Geheimprozesse und Verurteilungen verdächtiger Personen waren an der Tagesordnung. In den letzten Jahren war eine leichte, doch auffallende Verlagerung bei politischen Vorfällen und Verhaftungen von der gewöhnlich aufmüpfigen Autonomen Region Tibet in die außerhalb der TAR gelegenen osttibetischen Gebiete in Sichuan und Qinghai – den traditionellen Regionen Amdo und Kham - zu verzeichnen.

Die im Jahr 2003 über zwei Tibeter verhängte Todesstrafe, sowie die summarische Hinrichtung eines der beiden Verurteilten, ist ein Indiz dafür, daß auch unter den neuen Staatsführern von Rechtsstaatlichkeit keine Rede sein kann.

Das TCHRD erhielt das ganze Jahr hindurch Berichte über willkürliche Verhaftungen, Mißhandlungen und Folter. Gleichzeitig gab es weiterhin erhebliche Restriktionen bei religiösen und kulturellen Feierlichkeiten, und die Lage war an solchen Tagen besonders angespannt. Außerdem liegen dem TCHRD Informationen über Verhaftungen und langjährige Haftstrafen für Tibeter vor, die ihr Recht auf Freiheit der Rede und Meinungsäußerung wahrgenommen haben. Den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (ICESCR) hat China im März 2001 ratifiziert.

 

Religion

Im Artikel 36 der chinesischen Verfassung heißt es: „Die Bürger der VR China genießen die Glaubensfreiheit. Kein Staatsorgan, keine gesellschaftliche Organisation und keine Einzelperson darf Bürger dazu zwingen, sich zu einer Religion zu bekennen oder nicht zu bekennen, noch dürfen sie jene Bürger benachteiligen, die sich zu einer Religion bekennen oder nicht bekennen. Der Staat schützt normale religiöse Tätigkeiten. Niemand darf eine Religion dazu benutzen, Aktivitäten durchzuführen, welche die öffentliche Ordnung stören, die körperliche Gesundheit von Bürgern schädigen oder das Erziehungssystem des Staates beeinträchtigen. Die religiösen Gemeinschaften und Angelegenheiten dürfen von keiner ausländischen Kraft beherrscht werden.“

Die Einschränkung des Rechtes auf die Freiheit der Religion und freie Ausübung derselben in Tibet verletzt die von der chinesischen Verfassung und dem Völkerrecht verbürgten Grundrechte.

2003 wurde die Kampagne gegen die Zurschaustellung von Dalai Lama Bildern in verschiedenen Gegenden Tibets intensiviert. Der Bevölkerung wurde, sollte sie dem Verbot zuwiderhandeln, mit gravierenden Konsequenzen wie der Konfiszierung ihres Grund und Bodens gedroht. Mit dem Ziel Studium und Praxis der Religion so zu manipulieren, daß sie sich in den Rahmen der kommunistischen Ideologie fügen, mischten sich die Demokratischen Verwaltungsräte („Democratic Management Committees“) weiterhin in die religiösen und Verwaltungsangelegenheiten der Klöster ein. Schulen, in denen eine religiöse Erziehung vermittelt wurde, wie die Ngaba Kirti Klosterschule in der Präfektur Ngaba, Provinz Sichuan, wurden kurzerhand geschlossen.

Pekings Versuche, den Atheismus in Tibet mittels der „patriotischen Umerziehungskampagne“ oder der „Anti-Dalai-Lama-Kampagne“ zu popularisieren, führten zu einer Degeneration des tibetischen Buddhismus, wie es etwa auf dem Gebiet der Debatte und Meditation oder an den Kategorien Schreiben, Denken und Zuhören sichtbar wird.

Die Chinesen halten den vom Dalai Lama im Mai 1995 als XI. Panchen Lama anerkannten Gedhun Choekyi Nyima nun im achten aufeinanderfolgenden Jahr fest. Sie behaupten, der Junge und seine Familie befänden sich in „vorsorglichem Gewahrsam“ und verweigern allen internationalen Gesuchen zum Trotz ihre Freilassung.

 

Entwicklung

Im Vorwort des ICESCR heißt es: „In Übereinstimmung mit der universellen Erklärung der Menschenrechte kann die Idealvorstellung von freien Menschen, die ihre bürgerlichen und politischen Freiheiten genießen und frei von Angst und Not sind, nur dann erreicht werden, wenn Bedingungen geschaffen werden, unter denen jedermann seine zivilen und politischen wie auch seine wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte wahrnehmen kann... Die Staaten sind unter der Charta der Vereinten Nationen dazu verpflichtet, die Menschen- und Freiheitsrechte zu respektieren und einzuhalten.“

Mit ihren Resolutionen von 1961 und 1965 forderte die UNO die VR China dazu auf, das Recht des tibetischen Volkes auf Selbstbestimmung zu respektieren. Die ambitionierten chinesischen Entwicklungsprojekte in Tibet – wie etwas das Qinghai-Tibet-Eisenbahnprojekt, das Nord-Süd-Wasserumleitungsprojekts (SNWDP), zahlreiche neue Dämme und Planungen für Wasserkraftwerke in Osttibet, überhaupt alle Pläne zur Modernisierung des Landes ‑ werden ohne tibetische Beteiligung durchgeführt, womit den Tibetern auch hier das Recht auf Selbstbestimmung verwehrt wird. Diese Art wirtschaftlichen Fortschritts respektiert weder die Gefühle der Tibeter für ihr Land, noch ihre kulturelle und religiöse Identität. Die von Tibetern und anderen Kritikern einiger Entwicklungsprojekte vorgebrachten schwerwiegenden Bedenken hinsichtlich eventueller katastrophaler Auswirkungen auf die Umwelt und die ökologische Balance der Region wurden vollständig ignoriert. Das viel gerühmte „Western Development Project“ wird nur die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen Tibets zum Nutzen der Chinesen erleichtern. Die Zuwanderung von Hunderttausenden chinesischer Arbeiternehmer nach Tibet verursacht gigantische Probleme für den Lebensunterhalt der Tibeter. Die eigentlichen Nutznießer dieser Entwicklungsprojekte sind größtenteils Han-Chinesen in den industrialisierten Regionen von China.

 

Lebensunterhalt

Artikel 1.1 und 2 des ICESCR bestimmen: „Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung. Alle Völker können nach ihren eigenen Bedürfnissen frei über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel verfügen, unbeschadet aller Verpflichtungen, die aus der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf der Grundlage des Grundsatzes des gegenseitigen Wohles sowie aus dem Völkerrecht erwachsen. In keinem Falle darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden.“

Die Chinesen behaupten, seit der Machtübernahme durch die Volksbefreiungsarmee (PLA) 1959 eine beachtliche Verbesserung des Lebensstandards der Tibeter bewirkt zu haben. Studien des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme = UNDP) und der Weltbank beweisen indes das Gegenteil. Ihren Untersuchungen zufolge ist Tibet weiterhin eine der ärmsten Regionen der Welt. Viele der von der Regierung vorgenommenen Maßnahmen zur Urbanisation und Entwicklung Tibets haben lediglich dazu geführt, die Tibeter weiter zu marginalisieren. Es entstand dadurch ein großes Gefälle zwischen Arm und Reich sowie zwischen Stadt und Land. Die ländlichen Regionen sind nach wie vor von einem mangelnden wirtschaftlichen Wachstum gekennzeichnet, und die Menschen dort leben weiterhin in äußerster Armut. Die Lebensgeschichten der aus Tibet eintreffenden Flüchtlinge sprechen für sich selbst. Jedes Jahr verlassen ungefähr 2.500 Menschen auf der Suche nach Freiheit und besseren Lebensbedingungen ihre tibetische Heimat.

Die von den Chinesen in Tibet durchgeführten Entwicklungsprogramme haben gravierende Probleme und Ängste unter der dort ansässigen Bevölkerung hervorgerufen. Im Namen des „Western Development Programme“ und seiner angeblichen Umweltkomponente wurden zahlreiche Tibeter gegen ihren Willen umgesiedelt. Massive Korruption, Diskriminierung und zunehmende politische Brisanz machen es den Tibetern immer unmöglicher, von den Vorteilen der Entwicklungsprojekte in ihrem Lande zu profitieren.

Die SARS-Epidemie in China zu Anfang des Jahres offenbarte, wie ungenügend die Bevölkerung in Tibet im Bereich Gesundheitsvorsorge aufgeklärt wird. Dies und die hohen Kosten medizinischer Behandlung führen dazu, daß Tibeter an Krankheiten und Verletzungen sterben, die leicht kuriert werden könnten. Als Beispiel seien hier Diarrhoe und Lungenentzündung genannt. Auch die Tuberkulose ist in Tibet weit verbreitet. Die mangelnde Zuverlässigkeit medizinischer Statistiken reflektiert den Unwillen oder die Furcht der lokalen Behörden, für den schlechten Gesundheitszustand der Bevölkerung, wie z.B. Unterernährung oder den Ausbruch von ansteckenden Krankheiten, verantwortlich gemacht zu werden. Behördenvertreter in Tibet erweisen sich bei der Berichterstattung von besorgniserregenden Gesundheitsproblemen häufig als unkooperativ – sie versuchen statt dessen eher den Eindruck zu erwecken, sie hätten die Situation in ihrem Autoritätsbereich im Griff.

 

Bildung

Artikel 13.3 des ICESCR legt fest: „Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die Freiheit der Eltern und gegebenenfalls des Vormunds oder Pflegers zu achten, für ihre Kinder andere als öffentliche Schulen zu wählen, die den vom Staat gegebenenfalls festgesetzten oder gebilligten bildungspolitischen Mindestnormen entsprechen, sowie die religiöse und sittliche Erziehung ihrer Kinder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Überzeugungen sicherzustellen“.

Das gesamte Schulwesen und damit auch die Lehrpläne werden von den chinesischen Behörden bestimmt, was in völligem Gegensatz zu den offiziellen Verlautbarungen steht, in denen behauptet wird, die Tibeter könnten ihre schulische Erziehung selbst gestalten. Die Tatsache, daß Chinesisch als Unterrichtssprache bevorzugt wird, führte dazu, daß tibetische Kinder häufig nicht mehr fähig sind, ihre Muttersprache zu lesen und zu schreiben. Da die Kenntnis der chinesischen Sprache ein wesentliches Kriterium für die Zulassung zu höheren Bildungseinrichtungen und später zu Beschäftigung ist, sind die Eltern praktisch gezwungen, ihre Kinder auf chinesische Schulen zu schicken. In letzter Zeit ordneten die Behörden die Schließung von zwei tibetischen Schulen an, deren Konzept auf der Vermittlung von tibetischer Kultur und buddhistischer Philosophie beruhte. Im August 2002 wurde die Tsangsul-Schule in Lhasa zum Schließen gezwungen; die Klosterschule Kirti folgte im Juli 2003, während ihr Schirmherr Soepa Nagur ist seither verschwunden ist.

Die UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Bildung Katarina Tomasevski zeigte sich nach der Rückkehr von ihrem Chinabesuch im September 2003 erschüttert über die hohe Analphabetenrate in Tibet, denn diese steht mit 39,5% in krassem Widerspruch zu den chinesischen Behauptungen, man habe mittlerweile einen hohen Bildungsstandard für die tibetischen Kinder erreicht. Die Sonderberichterstatterin empfahl die volle Berücksichtigung der Menschen- und Minderheitenrechte in der Bildungspolitik wie auch in der Justiz.

Vor dem Hintergrund der bestehenden chinesischen Gesetze und der Unterzeichnung internationaler Verträge durch China – was für Peking bestimmte grundsätzliche Menschenrechtsverpflichtungen mit sich bringt – will der „Jahresbericht 2003: Die Menschenrechtssituation in Tibet“, ausgehend von den Informationen, die das TCHRD im Jahr 2003 erhielt, Einblick in einige der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen in Tibet geben.

Trotz der Schwierigkeiten und Herausforderungen, mit denen sich das TCHRD bei seinen Bemühungen zur Dokumentierung und zur Beschaffung genauer Informationen konfrontiert sah, konnte es genügend Beweise sammeln, um die Welt von den gravierenden Menschenrechtsverletzungen im heutigen Tibet zu überzeugen.

Teil I

der gesamte Berichtals rtf. Datei steht hier zur Verfügung

 

 

zum Tibet-Start!nachrichten

 

 

Free Web Hosting