Bundestagsprotokoll
Nun rufe ich Tagesordnungspunkt 18 auf: Beratung des
Antrags der Abgeordneten Volker Neumann (Bramsche), Heide Mattischeck,
Rudolf Bindig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD, der
Abgeordneten Dr. Christian Schwarz-Schilling, Hermann Gröhe, Hartmut
Koschyk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/ CSU, der
Abgeordneten Christa Nickels, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und
der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten
Dr. Irmgard Schwaetzer, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion
der FDP Menschenrechte und Entwicklung in Tibet - Drucksache 14/8782
- Ich eröffne die Aussprache und stelle fest, dass alle Reden zu
Protokoll gegeben worden sind.1) Ich schliesse die Aussprache. Wir
kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der SPD, der
CDU/CSU, des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP auf Drucksa che 14/8782
mit dem Titel "Menschenrechte und Entwicklung in Tibet". Wer stimmt für
diesen Antrag? - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltung der PDS
ist dieser Antrag angenommen.
Anlage 12 Zu Protokoll
gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Menschenrechte und Entwicklung
in Tibet (Tagesordnungspunkt 18) Volker Neumann (Bramsche)(SPD): Wenn
wir jetzt nach 1996 erneut einen interfraktionellen Antrag zu Tibet in den
Bundestag einbringen, dann wollen wir gemeinsam dreierlei deutlich machen.
Erstens: Die Lage der Tibeter in der Volksrepublik China hat sich seit
unserem letzten gemeinsamen Antrag von 1996 nicht verbessert, sondern eher
verschlechtert. Zweitens: Die Mitglieder des Deutschen Bundestages haben
die Not der Tibeter nicht vergessen. Und drittens: Die derzeitige
Tibet-Politik der chinesischen Regierung wird in einer Sackgasse enden,
wenn die chinesische Führung nicht endlich bereit ist, einen Dialog mit
dem Dalai Lama und seinen Vertretern aufzunehmen. Selbstverständlich
begrüssen wir die Freilassung von drei politischen Häftlingen seit Beginn
dieses Jahres, da runter der Musikwissenschaftler Ngawang Choephel. Er
lebte ursprünglich im Exil und war 1995 zu Forschungszwecken nach Tibet
gereist. Sonst hatte er sich nichts zuschulden kommen lassen. Dennoch
warfen ihm die chinesischen Behörden "konterrevolutionäre Aktivitäten" vor
und verurteilten ihn zu 18 Jahren Haft. Er kam dank der Bemühungen der
Regierungen und Parlamente einiger Staaten und
Nichtregierungsorganisationen kürzlich frei. Das Gleiche gilt für den
76-jährigen Jigme Sangpo, der nach über 40 Jahren Haft Ende März von den
chine sischen Behörden aus "medizinischen Gründen" aus der Haft entlassen
wurde. Aber damit geben wir uns nicht zufrieden. Wir sind nach wie vor
besorgt angesichts der hohen Zahl tibetischer politischer Häftlinge in der
Volksrepublik China, die von Menschenrechtsorganisationen auf etwa 250
beziffert wird. Drei Viertel dieser Gefangenen sollen Mönche und Nonnen
sein. Der Sonderberichterstatter der VN weist ausserdem auf mehrere Fälle
von Misshandlungen an Tibetern in Gefängnissen der Autonomen Region Tibet
hin. Tibeter können nach wie vor ihre Religion nicht frei ausüben. Ich
erinnere hier an die Vertreibung von Tausenden tibetischen und
chinesischen Nonnen und Mönchen aus einem buddhistischen Kloster -
Serthar-Institut - in der Provinz Sichuan durch bewaffnete
Sicherheitskräfte im vergangenen Jahr. Den Nonnen und Mönchen wurde nach
Berichten des "Tibet Information Network" mit Haft gedroht, sollten sie in
das Kloster zurückkehren. Ihre Unterkünfte wurden zerstört. Einer der
höchsten Würdenträger der tibetischen Buddhisten, der vom Dalai Lama als
Reinkarnation des Panchen Lama benannte 12-jährige Junge Gedhun
Choekyi Nyima bleibt weiter verschollen. Bereits in unserem gemeinsamen
Antrag 1996 hatten wir nach seinem Verbleib gefragt. Seitdem ist nichts
passiert. Der Junge und seine Familie sollen von den chinesischen Behörden
festgehalten werden, seitdem er zusammen mit seiner Familie im Mai 1995
aus ihrem Haus in Lhari in der Autonomen Region Tibet verschwunden
ist. Angesichts dieser traurigen Bilanz fühlen wir uns he
rausgefordert, wenn das chinesische Aussenministerium bei der in Genf
tagenden Menschenrechtskommission in Genf erklärt, Minderheiten genössen
in der Volksrepublik China "angemessene Menschenrechte und grundlegende
Freiheiten". Denn genau diese grundlegenden Freiheiten bleiben den
Tibetern nach wie vor verwehrt. Und "angemessene Menschenrechte" darf es
in Tibet schon gar nicht geben. Menschenrechte müssen für jeden in
demselben Masse gelten und sind deshalb auch nicht zu
relativieren. Angesichts dieser fortgesetzten Unterdrückung ist es
nicht verwunderlich, dass durchschnittlich jährlich etwa 4 000
Tibeter ins Ausland fliehen. Dies ist Ausdruck der Hoffnungslosigkeit, die
viele Tibeter empfinden. Warum sonst schicken Eltern jedes Jahr bis zu 600
Kinder auf die lebensgefährliche Flucht über die eisigen Höhen
des Himalaja nach Nepal und schliesslich Indien? Selbst für
Tibeter, die verdiente Funktionäre der kommunistischen Partei sind, und
für von den chinesischen Behörden an erkannte religiöse Würdenträger ist
oft die Flucht der einzige Ausweg aus dieser Hoffnungslosigkeit. All
dies macht deutlich: Die nunmehr ein halbes Jahrhundert andauernde
Unterdrückung der Tibeter in der Volksrepublik China, der Versuch, eine
Jahrtausende alte, religiös geprägte Kultur gewaltsam
zurückzudrängen - und dazu gehört auch die Kampagne gegen das
religiöse Oberhaupt der Tibeter, den Dalai Lama -, all das hat die Tibeter
gegenüber der chinesischen Führung misstrauisch gemacht. Das offizielle
China sollte endlich seine Verbal attacken gegenüber dem Dalai Lama
einstellen und den Dalai Lama und seinen aufrichtigen Wunsch nach einem
Dialog anerkennen. Nur so wird die chinesische Führung das Vertrauen der
Tibeter gewinnen und tatsächlich die Früchte seiner Bemühungen um
wirtschaftliche Entwicklung in Tibet ernten können. Um die Unterschiede
zwischen den reicheren Gebieten an der Ostküste und den ärmeren westlichen
Regionen auszugleichen, wurden in der vergangenen Planperiode gut 8
Milliarden Yuan gezielt nach Tibet gelenkt. Diese Leistungen verdienen
Respekt und Anerkennung. Wir sehen aber mit Besorgnis, dass im Zuge dieser
Anstrengungen immer mehr ethnische Chinesen gezielt in der Autonomen
Region angesiedelt werden. Auch dies bedroht die religiöse und kulturelle
Identität der Tibeter und wird das Misstrauen gegenüber der chinesischen
Führung weiter steigern. Bereits heute sollen über die Hälfte der
Einwohner Lhasas ethnische Chinesen sein. Die chinesische Führung sollte
sicherstellen, dass ihre Bemühungen auch tatsächlich den Tibetern zugute
kommen. Ansonsten wird man auch Vorhaben wie den Bau einer
Eisenbahnverbindung nach Lhasa mit Misstrauen betrachten müssen. Wir
stehen zu dem Ein-China-Prinzip in der deutschen Aussenpolitik und wir
erkennen die gewaltigen Anstrengungen Chinas für die wirtschaftliche
Entwicklung in der Autonomen Region Tibet an. Auch das haben wir in
unserem Antrag deutlich gemacht und auch das ist unsere Botschaft an den
Nationalen Volkskongress der Volks republik China. Wir sind - und auch
das kann nur das Interesse des chinesischen Volkskongresses sein - an
Stabilität in diesem grossen, mächtigen Land interessiert, das sich in
vielen Bereichen - auch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus
- als zuverlässiger Partner erwiesen hat und inzwischen Mitglied der WTO
geworden ist. Aber die verlässlichste Grundlage für Stabilität
und Frieden ist die Förderung von Menschenrechten, Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit, auch und erst recht nach den Terroranschlägen vom 11.
September, wie unser Aussenminister in seiner Rede vor der
Menschenrechtskommission betont hat. Wir gehen mit dem Antrag einen
neuen Weg und appellieren direkt an die Mitglieder des chinesischen
Volkskongresses, ihrer Verantwortung nachzukommen und eine Debatte über
die gegenwärtige Lage und politische Zukunft in der Autonomen Region Tibet
(TAR) und den von Tibetern besiedelten Regionen zu führen. Die Mitglieder
des chinesischen Volkskongresses sollten sich dafür einsetzen, dass ein
direkter Dialog mit dem Dalai Lama aufgenommen wird mit dem Ziel, für das
tibetische Volk weit gehende Autonomierechte auszuhandeln. Wir sprechen
von Abgeordneten zu Abgeordneten, wenn wir uns an den chinesischen
Volkskongress wenden, aber wir rufen auch die Bundesregierung sowie die EU
und ihre Mitgliedsländer auf, sich bei allen Kontakten mit der
Volksrepublik China für eine baldige Aufnahme des Dialogs zwischen dem
Dalai Lama und der chinesischen Führung einzusetzen. Auch der von der
Bundesregierung initiierte Rechtsstaatsdialog muss, wenn er Teil der
Menschenrechtspo litik der Bundesregierung ist, für die Diskussion der
Lage in Tibet genutzt werden. Nur auf diesem Wege kann eine dauerhafte
politische Lösung für Tibet erreicht werden und politische Appelle wie
diese in Zukunft überflüssig machen. Dr. Christian Schwarz-Schilling
(CDU/CSU): Menschenrechte sind unteilbar. Menschenrechte sind nicht das
Gut einer Kultur auf dieser Welt - sie sind ein gemein sames Gut der
verschiedenartigsten Kulturen und Zivili sationen. Zu den Menschenrechten
bekennen sich eine Vielzahl von Völkern und Nationen aus fast
allen Kulturkreisen dieser Welt. Und jene Nationen, welche
Mitglied der Vereinten Nationen sind, haben mit der Charta der Vereinten
Nationen auch besondere Verpflichtungen übernommen zur Einhaltung dieser
Menschenrechte. Zu diesen Nationen gehört auch die Volksrepublik China als
das völkerreichste Land der Erde und als ein bedeutendes Mitglied der
Völkergemeinschaft, selber auch wichtiges Mitglied des Sicherheitsrates
der Vereinten Nationen. Seit vielen Jahren haben wir hier ein besonders
schwieriges Problem: Seit dem Einmarsch der chinesischen Armee nach Tibet
im Jahre 1950 gibt es gewaltsame Unterdrückung in Tibet und seines
Strebens nach politischer, ethnischer, kultureller und religiöser
Selbstbestimmung. Der Deutsche Bundestag hat auf diese sich mehr und mehr
verschlechternde Situation im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte immer
wieder hingewiesen. So zum Beispiel in seinem Beschluss vom 15. Oktober
1987, durch die Veröffentlichungen der Ergebnisse des Hearings im
Auswärtigen Ausschuss vom 19. Juli 1995, durch seinen wegweisenden Antrag
"Menschenrechtssituation in Tibet verbessern" vom 23. April 1996.
Anschliessend ist der Menschenrechtsausschuss zweimal nach China gefahren
und führte Dialoge. Dies war bereits eine Verbesserung des gegenseitigen
Verstehens, da der Dialog beim zweiten Mal bereits grosse Fortschritte
gemacht hat; aber zu einer Verbesserung der Lebenssituation der Menschen
in Tibet hat es kaum geführt. Man muss im Gegenteil eine Tendenz
feststellen, die auf verschiedensten Gebieten zu gravierenden
Verschlechterungen geführt hat: Die Zahl der politisch
Inhaftierten in Tibet ist offensichtlich nicht kleiner, sondern grösser
geworden. China hat die Konvention gegen Folter ratifiziert; dennoch
starben seitdem etwa 70 Tibeter an Folgen von Folterbehandlungen. Seit
1996 wurden über 12 000 Mönche und Nonnen aus ihren Klöstern
vertrieben. Der 11. Panchen Lama ist immer noch im Gewahrsam der
chinesischen Regierung. Es erfolgt eine systematische gezielte
Ansiedlung von Chinesen in Tibet, sodass auf diese Weise die Tibeter mehr
und mehr zur Minderheit im eigenen Land werden. Bereits heute stellen
Chinesen mehr als 50 Prozent der Bevölkerung in Lhasa. Wir haben uns in
dem Antrag bemüht, nicht einseitig zu urteilen, sondern auch positive
Entwicklungen aufzuzeigen: dass die Volksrepublik China grosse
Anstrengungen zur wirtschaftlichen Entwicklung in Tibet unternimmt, dass
die Unterschiede zwischen reicheren Gebieten an der Ostküste und ärmeren
westlichen Regionen auszugleichen versucht werden, dass eine grosse Zahl
von Investitionen in Tibet unternommen werden, um Infrastruktur,
Landwirtschaft, Technologie, Bildung und Umweltschutz zu vervielfachen;
wir haben auch vermerkt, dass sich teilweise der Lebensstandard der
Bevölkerung verbessert hat. Diese Leistungen verdienen durchaus Respekt
und Anerkennung, aber sie können nicht das kompensieren, was durch
fortgesetzte Unterdrückungsmassnahmen an seelischen, kulturellen und
materiellen Schäden in Tibet angerichtet wird. Dieses wird auch vom
Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, wie es in dem Antrag
festgestellt ist, bestätigt. Es mag sein, dass die Chinesen zuweilen
guten Willens sind und nicht begreifen, dass diese materiellen Wohltaten
nicht mit grösster Dankbarkeit akzeptiert werden, dass die Lebensqualität
und das Wertegerüst eines Tibeters anders aussieht als sich das die
Chinesen vorstellen. Es gehört eine gewisse Reife dazu, wenn eine
materiell entwickelte Zivilisation wie die chinesische gegenüber
"zurückgebliebenen" Kulturen der Versuchung von Arroganz und Überlegenheit
widersteht. Atheisten und Materialisten, die heute aus ihrem eigenen
Selbstverständnis heraus das Land regieren, haben eben zuweilen keine
Ahnung davon, was für Dinge es zwischen Himmel und Erde gibt, auch nicht
zwischen den hohen tibetischen Gebirgen und den religiösen Riten frommer
Tibeter. Tatsache ist, dass der religiöse Glaube, die eigene Meinung und
das Menschenrecht jedes einzelnen Menschen nach eigenem Willen und
Rechtsanspruch gestaltet werden können und von keinem Staat und seinen
politischen Führern in Zweifel gezogen werden dürfen. Wir müssen
feststellen, dass vor unseren Augen eine der ältesten und einzigartigsten
Kulturen dieser Welt unter dieser materialistischen Dogmatik leidet und
mehr und mehr versinkt. Wenn dem nicht Einhalt geboten wird, wird diese
Kultur in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehören. Manche mögen dies
als Fortschritt feiern. Diejenigen, die Achtung und Ehrfurcht vor der
Vielgestaltigkeit des Lebens auf dieser Welt haben, werden Trauer und Leid
empfinden und sie werden den unterworfenen Menschen beistehen. Solange
die Tibeter ihren eigenen Willen behalten und ihre eigene Kultur formen,
hat keiner, auch nicht die chinesische Regierung, das Recht, diese
kulturellen und religiösen Traditionen zu schmälern oder gar zu beenden.
Das ist auch gegen die eigene Verfassung und gegen den Autonomiestatus von
Tibet gerichtet, der von den chinesischen Führern endlich ernst genommen
werden muss. Da wir nach unserer Erfahrung nicht davon ausgehen können,
dass unsere Regierungen den Mut haben, dieses offen und unzweideutig der
chinesischen Regierung zu vermitteln, wenden wir uns diesmal an unsere
Kolleginnen und Kollegen im chinesischen Volkskongress: Haltet ein und
beendet diesen Zerstörungsprozess und bewahrt die Besonderheit des Lebens
der Tibeter als einen Ausdruck des Reichtums unserer Schöpfung, den zu
bewahren wir alle auf dieser Welt aufgerufen sind. Das gilt für
ökologische Reichtümer in gleicher Weise wie für geistige und religiöse
Reichtümer. Beachten wir das chinesische Sprichwort: "Ein einfacher Zweig
ist dem Vogel lieber als ein goldener Käfig". Der Dalai Lama hat es sehr
treffend mit seinen eigenen Worten gesagt: "Das Geschäftemachen und der
Reichtum kann den Menschen nicht die volle Zufriedenheit geben. Und jene,
die in einem gewissen Lebensabschnitt ihre ganze Energie ins Geldmachen
stecken, werden eines Tages merken, dass dies nicht die Antwort auf ihr
Leben ist." Wenn wir die Äusserungen chinesischer Funktionäre
hören, welche die materiellen Errungenschaften preisen und die religiösen
Traditionen der Tibeter als eine rückständige Form einer Sklavenherrschaft
beschreiben und sich selber als Befreier dieser Sklavenherrschaft sehen,
so kann man nur feststellen, dass hier zwei Welten aufeinander prallen,
die nicht dialogfähig sind. Und so sehen wir ja auch prompt, dass von
chinesischer Seite der Dialog mit dem Dalai Lama stets abgelehnt wird,
obwohl der Dalai Lama mehr als einmal sowohl in privaten Gesprächen als
auch öffentlich bekundet hat, dass er die chinesische Verfassung bei der
Beachtung der Autonomie Tibets keineswegs überschreiten will. Tibet soll
weiterhin Bestandteil der Volksrepublik China bleiben. Doch die
chinesische Seite glaubt ihm nicht. Hier sind offensichtlich nur
Machtkategorien in der Politik bekannt und deshalb kann sie nicht glauben,
dass es Menschen gibt, deren Wertekategorien jenseits dieser
Machtkategorien stehen. Auf der anderen Seite darf man allerdings vom
Dalai Lama auch nicht verlangen, dass er sich und sein Volk in seiner
kulturellen und religiösen Existenz aufgibt. Die Idee, uns an die
Vertreter des Volkskongresses zu wenden, beruht auf der Erfahrung, dass
wir mit Abgeordneten des Volkskongresses sehr viel bessere Gespräche
führen konnten als mit den meisten Vertretern der Exekutive. Gerade bei
den jüngeren Abgeordneten entsteht zunehmend die Weltsicht gemeinsamer
Rechtsordnungen und damit auch gemeinsamer Verpflichtungen zur Erhaltung
von Demokratie, Freiheit und Frieden. Der chinesische Staatspräsident,
Jiang Zemin, hat anlässlich seiner Reise nach Deutschland in einem
"Spiegel"-Interview erklärt: "Den Konfuzianismus gibt es seit 78
Generationen. Für den Aufbau des Sozialismus benötigen wir mindes tens ein
paar Dutzend Generationen, wir stehen immer noch am Anfang." Bei allem
Respekt vor der Dauer chinesischer Dynastien: China ist heute Teil einer
globalisierten Welt, welche durch Informations- und
Kommunikationstechnologien bestimmt ist. Die Rasanz der Zeitenwende ist
gewachsen und die dynamischen Entwicklungen dauern nicht mehr so lange wie
in früheren Jahrhunderten. Im 20. Jahrhundert war es schon lange genug,
wie viele Jahre oder Jahrzehnte Diktaturen einen falschen Weg gehen
konnten und damit für Millionen und Millionen von Menschen unendliches
Leid verbreitet haben. Auch China wird in den Genuss schnellerer
Entwicklungen kommen und die Notwendigkeit von Korrekturen immer
deutlicher sehen, wie wir alle entsprechende Strukturänderungen vornehmen
müssen. So wird auch die Frage der Menschenrechte und auch der Autonomie
Tibets nicht eine Frage der Jahrhunderte, sondern eine Frage der nächsten
Jahre der Volksrepublik China. Gerade solche Nationen und Kulturen, die
krampfhaft an überholten Vorstellungen festgehalten haben, sind nach
unseren Erfahrungen am Ende des 20. Jahrhunderts sehr viel
schneller zerbrochen als sie es selbst für möglich gehalten haben.
Beschwörungen, dass man am Anfang stehe und Entschuldigungen für
Fehlentwicklungen mit einem solchen Argument zählen im geschichtlichen
Ablauf der vergangenen Jahrzehnte nicht mehr. Je mehr man sich als unfähig
erweist, strukturellen Wandel nachzuvollziehen und entsprechenden Mut zur
Reform zu haben, desto schneller gehen Staaten ihrem Ende entgegen. Im
Übrigen haben wir dieses in Europa gerade auch in den letzten
Jahrzehnten mit unglaublichen Erschütterungen und Verlusten bezahlen
müssen. Dieser Entwicklung kann keine Nation entkommen. Und so rufen wir
unsere Kollegen in Peking auf: Ergreift die Initiative, habt Mut, beachtet
die Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen, macht durch
entsprechende Änderungen eurer Gesetze Platz für ein modernes China mit
demokratischen und freiheitlichen Errungenschaften im Respekt vor Kultur
und Religion der Völker in diesem Land und der Menschen über all in
China. Aber auch wir hier dürfen die eigene Regierung nicht aus der
Verpflichtung entlassen, sich mit allen Kräften für die weitere
Durchsetzung der Menschenrechte einzusetzen. Was hier von der heutigen
Koalition geboten wird, ist wirklich mehr als bedauerlich. So viel
Feigheit und Angst vor einer grossen Nation wie China, die
selbstverständlich ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor ist, hat man nach den
Ankündigungen des Stellenwertes der Menschenrechte bei der rot-grünen
Koalition wirklich nicht vermuten können. Hier kann ich nur feststellen:
Die chinesische Seite wird eine solche Leisetreterei mit Sicherheit nicht
als Glanzleistung einschätzen. Das Gleiche gilt für die Schwäche der
Europäischen Union, welche auch dieses Jahr wiederum in Genf jedem
ernsthaften Dialog mit China und entsprechenden Entschliessungen
ausgewichen ist. Die Frage wird also mit noch grösserer Vehemenz später
auf uns zukommen. Und wer meint, die Chinesen hätten einen besonderen
Respekt vor Drückebergern, der wird noch eines Besseren belehrt werden. Es
war auch keine Glanzleistung, diese Debatte in diesem Parlament möglichst
nach dem Besuch des Staatspräsidenten zu veranstalten. Die chinesische
Regierung war natürlich längst über diese Resolution informiert und kann
durch diese Absichten nur selber befriedigt feststellen, wie sehr sich die
Bundesrepublik Deutschland vor ihrer eigenen Courage fürchtet. Ich möchte
hier auf dieses Trauerspiel, das ja auch offensichtlich durch die
Plazierung unserer Debatten in mitternächtliche Stunden eine besondere
Facette erhält, nicht näher eingehen. Ich kann nur hoffen, dass unsere
Kolleginnen und Kollegen in Peking mutiger sind und eine solche Debatte
bei Tageslicht und offenen Auges nicht scheuen. Ich möchte hier zum
Abschluss den grossen Völkerrechtslehrer Hugo Grotius zitieren, der einmal
geschrieben hat: "Omnibus viribus huic saeculo in peius ruenti sese
opponere - Wir müssen uns ständig mit allen Kräften dem Drange dieser Welt
entgegenstellen, ins Schlimmere abzugleiten". Nur wenn es uns gelingt die
heutige und künftige Generationen mehr denn je in diesem Geiste walten zu
lassen, dann werden wir als Vertreter unserer Generation unseren Beitrag
für die Menschenrechte und für Frieden und Freiheit auf dieser Welt
geleistet haben. Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN): Der vorliegende fraktionsübergreifende Antrag zur Lage
der Menschenrechte und zur Entwicklung in Tibet setzt die schon vor
mehreren Legislaturperioden begründete gute interfraktionelle Arbeit des
Deutschen Bundestages zu Tibet erfolgreich fort. 1991, zu Beginn der
12. Legislaturperiode, hatte sich ein kleiner Kreis von Abgeordneten
beider grossen Volksparteien sowie der Liberalen und der Bündnisgrünen in
einer kontinuierlich arbeitenden Fachgruppe zu der sich schon damals
dramatisch verschärfenden Menschenrechtssituation in Tibet
zusammengefunden, um die politische Debatte zu Tibet auch auf der Ebene
des deutschen Parlamentes voranzubringen. Damals waren die Widerstände
und der Druck der chinesischen Seite noch zu gross. Aber 1995 gelang es
schliesslich, eine im In- und Ausland viel beachtete ganztägige Anhörung
zu Tibet unter Beteiligung des religiösen Oberhauptes der Tibeter, des
Dalai Lama, im Bundestag in Bonn zu veranstalten. Als Resultat der
Ergebnisse dieser Anhörung mündete das Engagement des Bundestages
schliesslich in einen interfraktionellen Antrag zu Tibet, der gegen
heftigen Widerstand der damaligen Bundesregierung im Sommer 1996 mit
überwältigender Zustimmung verabschiedet werden konnte. Leider hat sich
die Menschenrechtslage seitdem in Tibet nicht durchgreifend verbessert.
Nach wie vor gibt es massive Unterdrückungsmassnahmen gegen die
Bevölkerung. Tausende Personen fliehen jährlich ins Ausland, werden
Menschen inhaftiert und äusserst harten Haftbedingungen unterworfen. Nach
Berichten von Amnesty International gibt es in der autonomen Republik
Tibet kaum einen politischen Gefangenen, der nicht gefoltert oder
misshandelt wurde. Auf einer Delegationsreise unseres Ausschusses nach
China vom 18. bis 27. April letzten Jahres konnte sich die Delegation beim
Besuch der westlich gelegenen Provinzen Gansu und Qinghai auch einen
Eindruck von der Lage der Minderheiten in beiden Gebieten machen -
besonders der Tibeter und der muslimischen Hui - sowie über die
Möglichkeiten gerade auch der tibetischen Buddhisten, ihre Religion
auszuüben. Die Delegation führte Gespräche mit den stellvertretenden
Provinzgouverneuren, besuchte die buddhistischen Klöster Labrang und
Kumbum und traf Vertreter der nationalen Minderheiten. Seit 1996
versuchen die Behörden im Rahmen einer "patriotischen Erziehungskampagne"
die Kontrolle über die Klöster zu verstärken, was zu einer Vielzahl von
weiteren Festnahmen geführt hat. Die "abschreckende Wirkung" dieser
Massnahmen ist ersichtlich: Offensichtlich verfügen sowohl das Kloster
Labrang (Gansu) als auch das Kloster Kumbum (Qinghai) nur noch über einen
Bruchteil der Mönche, die sie früher ausbildeten. Im Kloster
Kumbum wurde der Delegation ein Gespräch mit den Äbten und Mönchen
verwehrt. Auf unsere Fragen nach dem Verbleib des seit Mai 1995 als
verschwunden geltenden von der ersten Findungskommission als Reinkarnation
des Panchen Lama benannten Gendun Choekyi Nyima wurde uns geantwortet, dem
Jungen gehe es gut. Sein Aufenthaltsort wurde uns nicht
genannt. Immerhin ist es mittlerweile möglich, offen mit allen
Stellen diese Fragen strittig zu erörtern. Insofern sind der
Menschenrechtsdialog der EU mit China und der Rechtsstaatsdialog zwischen
China und Deutschland, der auf eine Idee von Antje Vollmer zurückgeht,
sehr wichtig und fruchtbar. Aber diese neue Offenheit läuft ins Leere,
wenn als Konsequenz sogar allzu oft Antworten ausbleiben. So gab es auf
unseren Vorschlag, Peking solle wenigstens Menschenrechtsorganisationen
oder ausländischen Diplomaten Zugang zu dem heute 12-jährigen Jungen
eröffnen, keine Antwort. Auf unsere Frage, warum der
Folterberichterstatter der UN - trotz einer seit Anfang 1999 vorliegenden
Einladung - noch keinen Besuchstermin erhalten habe und dem
Internationalen Roten Kreuz der Zugang zu chinesischen Gefängnissen nicht
gestattet werde, bekamen wir Ausreden zu hören. Von schrecklichen
Zuständen hat kürzlich auch der chinesische Dissident Harry Wu in einer
öffentlichen Sitzung unseres Ausschusses berichtet. Auch zwei sehr offene
Gespräche unseres Ausschusses mit dem Minister im Rechtsamt des
Staatsrates, Jingyu Yang, anlässlich seiner Deutschlandbesuche im Juni und
Oktober letzten Jahres liessen keine Veränderungen in diesen Fragen
erkennen. Deshalb ist der heute vorgelegte Antrag so wichtig und
notwendig. Der Antrag wendet sich an die nationalen Parlamente in
Europa und an das Europäische Parlament, um Dialoge auf allen nur
möglichen Ebenen mit der chinesischen Seite anzuregen. Allerdings, wenn
die neue Gesprächsbereitschaft und Offenheit der chinesischen Regierung
und Administration nicht endlich auch in konkrete
Umsetzungsschritte mündet, hätten die Menschenrechtsorganisationen mit
ihrer Sorge Recht behalten, die Rechtsstaatsdialoge könnten nur Makulatur
bleiben. Mit dem Antrag wenden wir uns, was den Forderungskatalog
angeht, darüber hinaus direkt an das Partnerparlament in China, den
nationalen Volkskongress. Das gibt unserer Hoffnung Ausdruck, dass
demokratische parlamentarische Entscheidungsstrukturen im China der
Zukunft eine Chance haben werden, auch und gerade wenn es um die
elementaren Belange der vielen Minderheitskulturen des Riesenreiches
geht. Ich bin sehr froh darüber, dass dieser Antrag, der die reale
Situation in Tibet in aller kritischen Offenheit beschreibt, der aber
gleichzeitig bemüht ist, die Tür gegenüber den chinesischen Partnern nicht
zuzuschlagen, nach anfänglichen Schwierigkeiten nun doch noch in der zu
Ende gehenden Legislaturperiode verabschiedet werden kann. Die Regierenden
in Peking müssen begreifen: Gerade das moderne China, das sich in einer
ungeheuren Umbruchphase befindet, wird nur dann eine dauerhafte gute
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung haben, wenn es die
Menschenrechte beachtet. Carsten Hübner (PDS): Das Anliegen des
vorliegenden Antrags, sich für die wirtschaftliche
Entwicklung Tibets im vollen Einklang mit den Menschenrechten
einzusetzen, findet unsere ausdrückliche Unterstützung. Wir teilen die
Analyse des Antrags in weiten Teilen. Insbesondere halten wir es für
begrüssenswert, dass neben den unbestrittenen gravierenden
menschenrechtlichen Problemfeldern auch die positiven Schritte Chinas
gewürdigt werden, so die Ratifizierung des Paktes über wirtschaft liche,
soziale und kulturelle Rechte sowie die grossen Anstrengungen, die China
unternimmt, um die wirtschaft liche Entwicklung in Tibet voranzutreiben.
Dass wir dem Antrag dennoch nicht zustimmen können, sondern uns enthalten
werden, liegt vor allem daran, dass wir das Verfahren in Bezug auf diesen
Antrag für eine Farce halten. Dass sich der Antrag nicht an die
Bundesregierung, sondern an den chinesischen Volkskongress richtet, könnte
man noch als eine zwar unübliche, aber doch interessante und originelle
Vorgehensweise betrachten, um so einen neuen Impuls in den
deutsch-chinesischen Diskurs über Menschenrechtsfragen und insbesondere
die Situation in Tibet zu bringen. Stutzig werden muss man jedoch
angesichts der Tatsache, dass der chinesische Präsident vor nicht einmal
zwei Wochen in Deutschland zu Gast war. Dass der Antrag erst nach der
Abreise des chinesischen Staatschefs eingebracht und der Besuch mit keinem
Wort erwähnt wird, lässt nur den Schluss zu, dass das Parlament hier
bereitwilligst eine Alibifunktion für das Verhalten der Bundesregierung
während des Staatsbesuchs einnimmt: Schliesslich hätten all die erwähnten
Punkte auch in den Gesprächen mit Jiang Zemin an gesprochen werden können.
Dies war jedoch mitnichten der Fall. Im Gegenteil: Die Bundesregierung
setzte alles daran, den chinesischen Gast von Menschenrechtsgruppen und
Demonstrierenden abzuschirmen. Es gab weite Absperrungen, Sichtblenden
wurden errichtet, Transparente wurden entfernt. Der Besuch stand
ausschliesslich im Zeichen der auszubauenden deutsch-chinesischen
Wirtschaftsbeziehungen, bei denen die Erwähnung von Menschenrechten nur
hinderlich gewesen wäre. Dieses Vorgehen der Bundesregierung wird im
Nachhinein durch den Antrag stillschweigend gebilligt, da er nicht einmal
für die Zukunft ein verändertes Verhalten der Bundes regierung
einfordert. Um keine Missverständnis aufkommen zu lassen: Natürlich
sind wir für den Ausbau guter wirtschaftlicher Beziehungen mit China. Wir
sind auch der Auffassung, dass Einführungsvermögen und Sensibilität
unverzichtbar für jeden Dialog sind, der positive Wirkungen zeitigen soll.
Dies gilt selbstverständlich und in besonderem Masse auch für die Frage
der Menschenrechte. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass
Menschenrechtspolitik mit verteilten Rollen betrieben wird: Die
Bundesregierung setzt auf ungetrübte Kontaktpflege und betreibt
Wirtschaftspolitik und das Parlament frischt im Anschluss das leicht
angekratzte Menschenrechtsrenommee wieder auf. Eine solche Arbeitsteilung,
in der das Parlament zum Steigbügelhalter für die Regierungspolitik wird,
beschädigt die Menschenrechte in ihrer Bedeutung und Wichtigkeit. Sie kann
nicht unsere Zustimmung finden. Dr. Ludger Volmer, Staatsminister im
Auswärtigen Amt: Der Bundestag hat heute mit grosser Einmütigkeit seine
Sorge über die Lage in Tibet zum Ausdruck gebracht. Auch wenn wir uns über
jüngst erfolgte Freilassungen einzelner tibetischer Langzeithäftlinge
freuen: Nach wie vor prägen massive Beschränkungen der Religionsfreiheit,
die Verweigerung substanzieller Autonomierechte und ein hoher
Assimilierungsdruck das Leben der Tibeter in China. Bundesminister Fischer
hat deshalb in seiner Rede vor der Genfer Menschenrechtskommission am 20.
März im Namen der Bundesregierung China aufgefordert, die Unterdrückung
der tibetischen Minderheit zu beenden. Es geht dabei nicht darum, die
Zugehörigkeit Tibets zum chinesischen Staatsverband infrage zu stellen -
diese wird weder von der Bundesregierung noch in diesem Hause bestritten.
Wohl geht es aber darum, gegenüber der chinesischen Regierung deutlich zu
machen, dass die Gewährung der Menschenrechte in Tibet und der Erhalt
einer einzigartigen lamaistisch-buddhistischen Kultur eine
Grundvoraussetzung für die Bewahrung von Stabilität nicht nur in China,
sondern in der gesamten von Krisen ohnehin schon genug bedrohten Region
ist. Die Sorge vor einer Ausbreitung des Terrorismus ist auch in China
berechtigt. Der gemeinsame Kampf gegen den internationalen Terrorismus
darf aber nicht zum Vorwand für die Einschränkung internationaler
Menschenrechtsstandards gemacht werden. Dies hat die Bundesregierung beim
gerade zu Ende gegangenen Staatsbesuch Präsident Jiang Zemins gegenüber
der chinesischen Seite unmissverständlich deutlich gemacht. Einen
wirksamen Schutz gegen separatistischen Terrorismus bietet nicht die
Repression, sondern nur die Gewährung wirklicher Autonomierechte,
angefangen bei der Chancengleichheit in Entwicklung und Bildung bis hin
zur Freiheit der Religionsausübung. Die chinesische Regierung würde
einen Fehler begehen, wenn sie glaubte, das Gespräch mit dem Dalai Lama
nicht suchen zu müssen. Noch vermag der Dalai Lama alle Tibeter hinter
seinem gewaltlosen Einsatz für die Rechte des tibetischen Volkes zu
vereinen; wir wissen, dass sein Ansehen auch unter den innerhalb Chinas
lebenden Tibetern ungebrochen ist. Dies könnte sich aber ändern, wenn
eines Tages das religiöse Oberhaupt der Tibeter als Integrationsfigur
wegfällt. Anzeichen für eine Radikalisierung kleinerer tibetischer Gruppen
gibt es bereits. Auch wenn das Misstrauen auf beiden Seiten nach wie
vor gross ist: Die Bundesregierung fordert gemeinsam mit ihren Partnern in
der EU die chinesische Regierung und den Dalai Lama dazu auf, in einen
substanziellen Dialog mit dem Ziel einer Lösung des Tibet-Problems
einzutreten. Wir massen uns dabei keine Vermittlerrolle an; wohl aber sind
wir bereit, gute Dienste zu leisten, wo dies gewünscht ist - und sei es
nur, wenn es zunächst darum geht, auf beiden Seiten ein Mindestmass an
Vertrauen aufzubauen.
Quelle: Deutscher Budestag
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